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Bullauge von Friedrich Ani

Beeindruckender Roman

INHALT Der Polizist Kay Oleander wurde auf einer Demo mit einer Bierflasche im Gesicht getroffen. Dabei hat er sein linkes Auge verloren. Vom Dienst freigestellt, bringt er sich eher mühsam durch den Tag, bis ihn das Schicksal mit Silvia Glaser zusammenführt. Seit einem Fahrradunfall ist auch sie eine Versehrte. Auf unverhoffte Weise finden die beiden Halt aneinander. Und das, obwohl sie im Verdacht steht, für Oleanders Unglück verantwortlich zu sein. Silvia Glaser fand nach dem Unfall, der ihr Leben völlig auf den Kopf gestellt hat, Zuflucht bei einer rechtspopulistischen Partei. Sie möchte aussteigen, wagt es aber nicht, weil sie Repressalien fürchtet. Als sie von Plänen der Parteispitze zu einem Attentat erfährt, weiht sie Oleander ein. Die beiden beschließen, den Anschlag zu verhindern. Dafür brauchen sie Verbündete, doch die sind für zwei wie sie nicht leicht zu finden …

(Quelle: Suhrkamp Verlag - Erscheinungstermin 12.09.2022 - ISBN: 978-3-518-43032-3)




MEINE MEINUNG In seinem neuen Roman „Bullauge“ erzählt der mehrfach ausgezeichnete deutsche Autor Friedrich Ani eine düstere, aufwühlende und höchst fesselnde Geschichte über zwei physisch und psychisch versehrte Menschen. Der versierte Autor versteht es zudem hervorragend, mit den alltäglichen zunehmenden Gewaltexzessen gegen Polizisten und der Radikalisierung von Anhängern der rechten, bürgerlichen Szene eine brandaktuelle Thematik in seinem in zwei Teile untergliederten Roman einzubinden. Dennoch handelt es sich hierbei nicht um einen Kriminalroman im eigentlichen Sinne.

Eindrucksvoll zeichnet Ani das beklemmende Psychogramm zweier Gestrandeter, die durch tragische Unfälle aus ihrem alten Leben gerissen wurden, in all ihrer Verletzlichkeit und Verzweiflung zueinanderfinden und einander trotz aller Widrigkeiten Halt geben. Sehr einfühlsam und schonungslos lässt er uns in die Abgründe ihrer desillusionierten und geschundenen Seelen schauen, die trotz allem immer noch auf berührende Weise Reste ihrer Selbstachtung und moralischen Wertevorstellungen bewahrt haben und an das Gute im Menschen glauben lassen.

Anis anspruchsvoller und ungewöhnlicher Erzählstil fordert uns zwar einiges an Aufmerksamkeit ab, doch ist es sehr fesselnd, wie sich die vielen Eindrücke genial miteinander zu verknüpfen und sich allmählich Verbindungen herstellen lassen, die sich schließlich zu einem erschütternden Gesamtbild zusammenfügen. Gekonnt fängt er Stimmungen und Bilder mit viel Feingefühl und Eindringlichkeit ein und bringt uns diese anschaulich näher.

„Ich schau durch dich hindurch wie durch ein Bullauge, und alles, was ich seh, ist ein schwarzes Meer“ Inszeniert als eine Art intimes Kammerspiel kreist die Handlung zunächst um den vom Dienst freigestellten Streifenpolizisten Kay Oleander, der bei einer Demonstration durch einen Bierflaschenwurf die Sehkraft auf seinem linken Auge verloren hat, mit seinem Schicksal hadert und sich mehr schlecht als recht durch den Tag kämpft. Eindringlich schildert Ani die Bemühungen des durch sein Schicksal deutlich gezeichneten Polizisten, zur alten Normalität zurückzukehen und aufgrund der erfolglosen Ermittlungen seiner Kollegen mehr über die Hintergründe und mutmaßlichen Täter zu erfahren. Zugleich gewährt er uns teilweise höchst befremdliche Einblicke in Oleanders angeschlagene Psyche und lässt uns in quälend bizarren Episoden schonungslos an seinen verzweifelten Zusammenbrüchen teilhaben.

Mit der mysteriösen Silvia Glaser und potentiellen Täterin betritt eine weitere faszinierende Figur die Bühne, die durch einen mutmaßlich von einem vorbeirasenden Streifenwagen verursachten Fahrradunfall behindert ist und in ihrem Hass auf die Polizei Zuflucht beim rechtspopulistischen Lager gefunden hat.

Nach einigen recht skurrilen Treffen, bei denen sie sich trotz Misstrauen und ihrer Verwirrtheit einander annähern und öffnen, berichtet Silvia Oleander von ihren Befürchtungen, dass ein rechter Terroranschlag geplant sei und die beiden beschließen, der Sache weiter auf den Grund zu gehen. So gewinnt die genial angelegte Handlung zunehmend an Fahrt, nimmt eine ungeahnte Wendung und gipfelt schließlich in einem erschütternden und für mich höchst überraschenden Finale. Sehr vielschichtig und beeindruckend zeichnet Ani seine verschiedenen Charaktere mit ihren gebrochenen Biografien, ihre Abgründe und persönlichen Schicksale. Sie alle sind ein jeder auf seine spezielle Weise wertvoll und liebenswert. Ani ist wieder ein faszinierendes, glaubhaft ausgearbeitetes Kaleidoskop aus verschrobenen Einzelgängern, Extremisten, Gescheiterten, (Über-)Lebenskünstlern und den vielen traurigen Verlierern dieser Gesellschaft gelungen. Ani lässt schließlich seinen aufwühlenden und nachdenklich stimmenden Roman trotz aller Düsternis mit einem durchaus hoffnungsvollen Ende ausklingen.


FAZIT Ein vielschichtiger, sehr bemerkenswerter Roman mit einer tiefgründigen, bewegenden Geschichte die noch lange nachklingt!


BEWERTUNG


Rezensionsexemplar *Unbezahlte Werbung*

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