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Die Unwerten von Volker Dützer

Ein erschütternder, historischer Roman

INHALT

Frankfurt am Main, 1939.

Die vierzehnjährige Hannah bricht vor ihren Mitschülern in einem Krampfanfall zusammen. Bisher war es ihr gelungen, ihre Epilepsie zu verheimlichen, doch jetzt meldet ihr linientreuer Lehrer sie bei der Obrigkeit. Hannah gerät ins Visier des NS-Terrorapparates, denn die Nazis haben sich zum Ziel gesetzt, alles „lebensunwerte Leben“ zu vernichten.

Hannahs Schicksal liegt nun in den Händen des Gutachterarztes Joachim Lubeck, einem gewissenlosen Opportunisten, der für seine Karriere über Leichen geht.

(Quelle: Gmeiner - Erscheinungsdatum: 12.02.2020 - ISBN: 978-3-8392-2646-9)


MEINE MEINUNG

„Die Unwerten“ von Volker Dützer ist der aufwühlende Auftaktband einer historischen Romanreihe um die junge Halbjüdin Hannah Bloch. Hierin hat sich der Autor eines beklemmenden Themas und finsteren Kapitels der deutschen Geschichte angenommen – den Euthanasieverbrechen durch die Nationalsozialisten im Dritten Reich und ihrem menschenverachtenden Projekt Aktion T4, das zum Ziel hatte „lebensunwertes Leben“ zu vernichten. Diese gehörten zu den nationalsozialistischen Untaten, die eher selten in den Medien thematisiert werden und deren Ausmaße nur wenigen bekannt sein dürften.

In seinem äußerst umfangreichen und vielschichtigen Roman ist es Dützer hervorragend gelungen, die vielen sorgsam recherchierten Details zu den Euthanasieverbrechen der Nazis in einer bewegenden und zugleich fesselnden, fiktiven Handlung anschaulich und nachvollziehbar darzustellen. Sehr gut ist es ihm auch gelungen, die damalige Zeit facettenreich und glaubhaft heraufzubeschwören.

Im Mittelpunkt der äußerst ergreifenden, fiktiven Geschichte steht die junge Protagonistin Hannah, die wegen ihrer Epilepsieerkrankung und ihres aufmüpfigen Verhaltens als „nicht abrichtbar“ abgestempelt wird, auf die Liste der Aktion T4 und in die Fänge des skrupellosen Gutachterarztes Joachim Lubeck gerät. Hannahs bewegenden Lebensweg begleiten wir in diesem Band über eine Zeitspanne von 1939 bis in die frühe Nachkriegszeit von 1946. Aus Hannahs Perspektive erlebt der Leser hautnah ihren schwierigen Alltag als Halbjüdin mit, ihre Ängste und zunehmenden Restriktionen, die das Nazi-Regime ihr aufbürdete. Wir begleiten sie auf ihrem leid- und gefahrvollen Weg durch die Nazizeit, durchleben an ihrer Seite Demütigungen, Verfolgung, bittere Verluste und das erschütternde Schicksal vieler ihrer Verbündeten und Wegbegleiter. Dank vieler Helfer, ihrer Cleverness und oftmals auch nur puren Glücks gelingt es ihr mehr als einmal ihren Häschern zu entkommen und zu überleben. Als einen gewissen Bruch in der Geschichte nimmt man dann Hannahs Erlebnisse im letzten Teil des Romans wahr. Dieser Handlungsstrang erzählt eine eigene, äußerst spannungsgeladene Episode rund um Hannahs weiteren Lebensweg, führt aber auch die nervenaufreibenden Geschehnisse der letzten Kriegstage und der Nachkriegszeit zu einem plausiblen und zufriedenstellenden Ende. Ich bin schon sehr gespannt auf eine Fortsetzung dieser Reihe und Hannahs weiteren Lebensweg.

Hannahs fiktives Schicksal zeigt stellvertretend auf, was es Menschen im 3. Reich erging, die nicht dem verklärten, rassischen Idealbild eines „Herrenmenschen“ entsprachen – also nicht die richtige Ethnie, Hautfarbe oder Kultur besaßen oder aufgrund von unerwünschten Krankheiten als erblich „minderwertig“ galten. Bei vielen wurde eine Zwangssterilisierung vorgenommen, doch schon bald wurde ein weitaus grausameres Ziel verfolgt und die gezielte Vernichtung „lebensunwerten“ Lebens in den Heil- und Pflegeanstalten vorangetrieben. Die geschilderte unbarmherzige Systematik und die brutale, skrupellose Vorgehensweise der vielen Handlanger des NS-Apparates gehen unter die Haut. Am Beispiel der fiktiven Figur des Psychiaters und Gutachterarztes Joachim Lubeck macht der Autor sehr anschaulich deutlich, wie aus einem zunächst eher willensschwachen, jungen Menschen ein skrupelloser, karrierebesessener und abscheulicher Mitläufer wird, der sich schließlich freiwillig und ohne Bedenken an den Euthanasieverbrechen beteiligt und zu einem willfährigen Massenmörder wird, der nur seinen eigenen Vorteil im Auge hat.

Die zahlreichen, gut ausgearbeiteten Charaktere und Dützers angenehmer, eindringlicher Schreibstil lassen diesen Roman trotz seiner bedrückenden Thematik zu einem wahren Page Turner werden.

Mehr über die umfangreichen Recherchen des Autors und Hintergründe zu seinem Roman erfährt man in dem äußerst lesenswerten Nachwort.


FAZIT

Ein erschütternder und zugleich fesselnder historischer Roman, der einen wichtigen Beitrag dazu leistet, die Erinnerungen an die Untaten der Nazidiktatur wach zu halten, auf dass das unendliche Leid der Opfer niemals in Vergessenheit gerät!

BEWERTUNG

Rezensionsexemplar *UNBEZAHLTE WERBUNG*

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