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Die Erfindung der Sprache von Anja Baumheier

Bewegende, etwas skurrile Familiengeschichte

INHALT

Ein großer Roman über die Magie der Sprache, die Kraft der Gemeinschaft und eine ganz besondere Familie.


"Mit dem Jungen läuft etwas nicht so, wie es soll." Das sagt man, als Adam erst mit zwei Jahren zu sprechen beginnt. Menschliche Beziehungen sind für ihn ein Mysterium, stattdessen schwärmt er für die Zahl Sieben. Beim Heranwachsen auf der ostfriesischen Heimatinsel wird er liebevoll von seiner Familie umsorgt, allen voran von seiner tschechischen Großmutter Leska und seinem Vater Hubert. Dieser richtet seinem Sohn im alten Leuchtturm einen Weltrückzugsort ein, der nur ihm gehört.

Doch dann bricht die Katastrophe über den bilderbuchschönen Himmel von Platteoog herein: Kurz nach Adams 13. Geburtstag verschwindet sein Vater spurlos, seine Mutter verstummt unter der Last ihrer Trauer.

Eines Tages und viele Jahre später, Adam ist Dozent für Sprachwissenschaften an einer Berliner Universität, fällt ihm ein Buch in die Hände: „Die Erfindung der Sprache“. Es enthält Hinweise auf seinen Vater - offenbar ist er auch aus dem Leben einer anderen Familie wortlos verschwunden. Adam begibt sich auf die Suche. Seine abenteuerliche Reise führt ihn quer durch Deutschland, nach Prag, in die Bretagne und bis ans Ende der Welt…

(Quelle: Kindler Verlag - Erscheinungstermin: 16.02.2021 - ISBN: 978-3-463-00023-7)


MEINE MEINUNG

Nach ihren beiden gelungenen Romanen 'Kranichland' und 'Kastanienjahre' erzählt die deutsche Autorin Anja Baumheier in ihrem neuen Buch „Die Erfindung der Sprache“ erneut eine bewegende und recht tragische Familiengeschichte. Mit seiner märchenhaft-skurrilen Handlung und seinem etwas gewöhnungsbedürftigen Schreibstil nimmt uns die Autorin diesmal mit auf eine abenteuerliche und sehr ungewöhnliche Lesereise, die thematisch reizvoll, äußerst unterhaltsam aber phasenweise auch recht anstrengend zu lesen ist.

Im Mittelpunkt der Geschichte steht der sehr eigenwillige und schrullige Protagonist Adam Riese, der wohlbehütet auf der fiktiven, sehr beschaulichen ostfriesischen Insel Platteoog aufgewachsen ist und als promovierter Sprachwissenschaftler an der Berliner Universität lehrt. Der hochbegabte Adam ist mit seinen deutlich autistischen Zügen ein liebenswerter Sonderling, der sich im Leben durch seine fehlende Sozialkompetenz schwer tut und recht zurückgezogen lebt. Mit all seinen Marotten und Phobien insbesondere auch seine Vorliebe für Listen und die Zahl 7 oder seinem inneren Ratgeber in Form einer neongelben Leuchtreklametafel, die ihm ständig mit Botschaften dazwischen funkt, ist Adam eine herrlich skurrile Figur, die man rasch in sein Herz schließt.

Der bisweilen etwas bizarren Handlung folgen wir auf zwei Erzählsträngen, die auf verschiedenen Zeitebenen angesiedelt sind und einander abwechseln. In Rückblicken tauchen wir ab in die Vergangenheit und erfahren schrittweise mehr über Adams komplexe Familiengeschichte. So erleben wir Details aus dem Leben von Adams ostfriesischen Großvater Ubbo und seiner großherzigen, aus Tschechien stammenden Oma Leska auf der kleinen idyllischen Nordseeinsel Platteoog, ihrer Tochter Oda und Adams geheimnisvoller Vater Hubert Riese, der als Leuchtturmrestaurator auf die Insel kam und Odas große Liebe war. Zudem erhalten wir aufschlussreiche Einblicke in den Mikrokosmos der netten Platteooger Dorfgemeinschaft, in Adams Kindheit und Jugend und erfahren schließlich mehr über das große Drama, das vor 18 Jahren durch das rätselhafte, spurlose Verschwinden von Adams Vater während einer Pilgerreise seinen Lauf nahm. In der in der Gegenwart spielenden Handlung verfolgen wir die sich zunehmend überschlagenden Ereignisse um Adam. Nach einem zufälligen Hinweis darauf, dass Hubert Riese noch leben könnte, begibt Adam sich eher unfreiwillig auf die Suche nach dem verschollenen Vater. Eine Suche, die sich schon bald zu einem abenteurlichen und sehr aberwitzigen Roadtrip durch halb Europa entwickelt und so manche Überraschung und abstruse Wendung bereithält.

Die Autorin versteht es von Beginn an mit Adams turbulenter und ereignisreicher Schnitzeljagd Spannung aufzubauen. Auch wenn die skurrilen und sehr unterhaltsamen Ereignisse in den Rückblenden sowie die angedeuteten, verhängnisvollen Geheimnisse rund um Hubert Riese zwar ebenfalls sehr fesselnd sind, so nimmt der Wechsel zum Erzählstrang der Vergangenheit immer wieder deutlich Fahrt aus der zuvor aufgebauten Dynamik und bis zur überraschenden Auflösung am Ende immer mehr zu steigern. Sehr spannend hat die Autorin in ihrem Roman die Thematik Sprache und Literatur in verschiedensten Variationen aufgegriffen und faszinierend umgesetzt –so sind beispielsweise immer wieder Zitate von Rilke eingestreut, der Huberts Lieblingsdichte war, der sprachbegabte Protagonist Adam ist Linguist, eine auf Tierkommunikation spezialisierte Figur begleitet Adam auf seiner Spurensuche, während seine Mutter aufgrund eines Traumas ihre Sprache gänzlich verloren hat.

Trotz des opulenten, sehr lebendigen und bildhaften Schreibstils der Autorin und der sehr humorvollen Erzählweise ist das Lesen der Geschichte bisweilen gar nicht so einfach. Auf die außergewöhnliche Sprache und etliche Satzungetüme, die zu Adams sehr spezieller Wahrnehmung seiner Umwelt hervorragend passen, muss man sich erst einlassen, aber dann wird man von der anekdotenreichen, sehr humorvollen und zugleich nachdenklich stimmenden Geschichte gut unterhalten, hofft mit dem überaus liebenswerten Helden auf einen versöhnlichen Ausgang seiner Odyssee und freut sich über seine innere Reifung.


FAZIT

Eine skurrile, ungewöhnliche und sehr humorvoll erzählte Familiengeschichte mit einem schrulligen, sehr liebenswerten Helden, einem abenteuerlichen Roadtrip und einem etwas gewöhnungsbedürftigen Schreibstil!


BEWERTUNG




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