top of page

Neueste Posts

Archive

Tags

Fast ein neues Leben von Anna Prizkau

  • bookloving
  • 25. Dez. 2020
  • 3 Min. Lesezeit

Beeindruckender Erzählband

INHALT

Eine Familie kommt aus ihrem alten Land nach Deutschland. Dort passiert Unvorstellbares und Unverständliches – zumindest für die Tochter der Einwanderer. Sie, die Ich-Erzählerin, wächst auf im neuen Land, doch die Geschichten über das alte lassen sie nicht los. Sie wird erwachsen in dem Gefühl, immer eine Fremde zu bleiben, niemals dazuzugehören. Später wird aus ihr eine Theaterautorin; erfolglos, arbeitslos, aber voller Hoffnung.

In diesen atmosphärisch feinen Erzählungen, die zusammen einen kleinen, dichten Roman der Fremdheit und der Sehnsucht ergeben, begegnet die Erzählerin dem neuen Leben, der neuen Sprache, den neuen Menschen: Martha, die vielleicht töten muss, um zu besitzen. Marcel, den alle Mädchen küssen wollen. Samiha und Olcay aus dem türkischen Viertel, die eine unerklärliche Todesangst vor dem Fahrstuhl in ihrem Hochhaus haben. Sie trifft den Chef ihrer Mutter, der mehr will als nur eine gute Angestellte, den sadistischen Mann vom Arbeitsamt und Frank, das Männermodel, das seine Haare hochtoupiert trägt.

Als Kind schämt sie sich noch für ihre Eltern und dafür, dass man bereits am »Hallo« ihres Vaters erkennt, dass er kein Deutscher ist. Später, als junge Frau, bringt ihr die Sprache ihres alten Landes, im falschen Moment und vor den falschen Leuten gesprochen, geprellte Rippen und eine aufgeplatzte Lippe ein. Denn neben der neuen, rätselhaften Freundlichkeit, bleiernen Höflichkeit und warmen Distanziertheit, mit der das fremde Mädchen, das später eine fremde Frau ist, sich konfrontiert sieht, muss sie auch immer wieder Schläge einstecken – aus bekannten Mündern und von unbekannten Fäusten. Doch sie schlägt zurück: nicht nur mit ihren Lügen, sondern auch mit ihren Träumen.

Anna Prizkau erzählt in Fast ein neues Leben vom neuen Land, das Deutschland ist, von den Fremden und den Verlorenen, auch denen, die hier geboren wurden.

(Quelle: Friedenauer Presse - Erscheinungsdatum: 02.09.2020 - ISBN: 9783751806008)


MEINE MEINUNG

Mit ihrem äußerst gelungenen Erzählband „Fast ein neues Leben“ hat die Debütautorin Anna Prizkau eine faszinierende Zusammenstellung von 12 kurzen Geschichten vorgelegt, die episodenhaft über die Erlebnisse im „neuen Land“ Deutschland erzählen und sehr einfühlsam das Seelenleben einer jungen, namenlos bleibenden Migrantin, Protagonistin und Ich-Erzählerin beleuchten.

Geschickt hat die Autorin ihre nicht chronologischen, sehr atmosphärischen Erzählungen mit einander verwoben, so dass sich am Ende ein bewegendes und sehr nachdenklich stimmendes Portrait ergibt.

In einem nüchternen, distanzierten und sehr pointierten Schreibstil umreißt die Autorin in ihren recht kurzen, tiefgründigen Geschichten die unterschiedlichen Erfahrungen und Erlebnisse der Protagonistin, die -ähnlich wie die Autorin - als Tochter von Einwanderern aus dem „alten Land“ als kleines Mädchen nach Deutschland kam. Es sind sehr eindrückliche Geschichten mit teils amüsanten, teils sehr bedrückenden Begebenheiten aus ihrem Leben und oft erstaunlichen Wendungen. Gekonnt erzählt die Autorin von Ausgrenzung und Fremdsein, von Verlust und Entfremdung aber auch von beruflichem Misserfolg, gescheiterten Liebesbeziehungen und verdeckter bis offener Fremdenfeindlichkeit.

In verschiedensten Episoden lernen wir die beeindruckende Protagonistin als scharfe Beobachterin kennen und haben Anteil an ihrem facettenreichen, oftmals befremdlichen Einwander*innen-Leben. So erfahren wir über die vielfältigen Widersprüchlichkeiten, dem Versuch ihre Herkunft mit Lügen zu verschleiern, die Scham über ihre Andersartigkeit, dem steten Bemühen, sich zu assimilieren und nicht aufzufallen, und dem starken Willen Dazuzugehören.

Trotz der Kürze der Geschichten versteht es Anna Prizkau hervorragend, verschiedenste Aspekte sehr eindrücklich und authentisch auf den Punkt zu bringen und dennoch auch immer vieles im Vagen zu lassen, so dass man stets zwischen den Zeilen der Bedeutung des Gelesenen nachspüren muss.

FAZIT

Ein sehr beeindruckender Erzählband, mit tiefgründigen und berührenden Geschichten über Ausgrenzung, Fremdsein, Verlust und Entfremdung.

Sehr lesenswert!

BEWERTUNG


Rezensionsexemplar *UNBEZAHLTE WERBUNG*

Comments


Single post: Blog_Single_Post_Widget
bottom of page