Ja, nein, vielleicht von Doris Knecht
- bookloving
- 7. Juli
- 2 Min. Lesezeit
Aktualisiert: vor 3 Tagen
Ein feinfühliges Frauenporträt

INHALT
Zum ersten Mal seit vielen Jahren fühlt sie sich wieder frei: Die Kinder sind ausgezogen, in ihrem Dasein zwischen Großstadt und Landleben breitet sich Ruhe aus. Doch dann wird ihre Wohnung von ihrer Schwester besetzt, es droht ihr ein Zahn auszufallen und sie wird mit der eigenen Endlichkeit konfrontiert. Während sich das eher marginale gesundheitliche Dilemma zu einer kleinen existenziellen Krise auswächst, trifft sie im Supermarkt einen Mann von früher wieder: Friedrich. Eine Begegnung, die sie vor eine Frage stellt, mit der sie sich eigentlich nicht mehr beschäftigen wollte:
Ist sie bereit für eine weitere Liebesbeziehung? Oder besser gesagt:
Ist sie bereit, ihr gutes Leben zu teilen, ihre innere Zufriedenheit zu riskieren, schon wieder?
(Quelle: Hanser Verlag - Erscheinungsdatum: 22.07.2025 - ISBN: 978-3-446-28288-9 )
Rezensionsexemplar *UNBEZAHLTE WERBUNG*
MEINE MEINUNG
In ihrem aktuellen Roman „Ja, nein, vielleicht“ widmet sich die österreichische Autorin Doris Knecht erneut dem Leben ihrer namenlos bleibenden Protagonistin – einer geschiedenen, alleinerziehenden Mutter in ihren späten Fünfzigern, die sich nach dem Auszug ihrer Kinder in einem neuen Lebensabschnitt als alleinstehende „empty nester“ wiederfindet. Mit großer Authentizität und feinem Gespür für Zwischentöne schildert die Autorin den Prozess des Neuanfangs im Leben einer Frau, die sich mit ungeahnten Freiräumen konfrontiert sieht. Für die Protagonistin beginnt eine Zeit ohne die gewohnten Verpflichtungen, die nach außen hin von Ruhe und Gelassenheit geprägt scheint, in der sich jedoch neue Perspektiven, Chancen und vor allem persönliche Freiheit eröffnen. Zwischen Wehmut, inneren Zweifeln und vorsichtiger Zuversicht sucht sie nach einem neuen Selbstverständnis. Doch ihre neu gewonnene Unabhängigkeit wird schon bald durch unerwartete Ereignisse auf die Probe gestellt. So sieht sie sich gezwungen, sich nicht nur der komplexen Familiendynamik und grundlegenden Fragen zu ihrer Zukunft auseinanderzusetzen, sondern auch mit dem unausweichlichen Folgen des Älterwerdens und der eigenen Vergänglichkeit.
Der Roman entfaltet sich in kurzen, fragmentarischen Episoden, die das vielschichtige Leben der Ich-Erzählerin eindringlich erfahrbar machen. Die Protagonistin trägt dabei unverkennbar gewisse Züge der Autorin selbst.
Wir begleiten sie durch ihren Alltag, nehmen Anteil an ihren Erinnerungen und erleben ihr oft chaotisches Innenleben hautnah mit. Mit feinem Humor und einer ordentlichen Portion Selbstironie gewährt sie schonungslos Einblicke in ihre Selbstzweifel, Fehler, Verletzlichkeiten und Widersprüchlichkeiten. Die überraschende Begegnung mit Friedrich, einer alten Liebe, stellt die Protagonistin zudem vor die Frage, ob sie ihre Unabhängigkeit für eine neue Beziehung aufs Spiel setzen möchte. Während ihrer Suche nach Klarheit und neuen Gewissheiten gewinnt die komplex angelegte Protagonistin wertvolle Erkenntnisse über sich selbst, ihre veränderten Bedürfnisse und das Älterwerden. Knecht versteht es hervorragend, essentielle Lebensfragen in kleinen Alltagsbeobachtungen widerzuspiegeln und die Vielschichtigkeit weiblicher Selbstbestimmung im späteren Lebensabschnitt auszuloten.
Der Roman lebt somit weniger von unerwarteten Wendungen, sondern überzeugt durch feinsinnige, nuancierte Betrachtungen des Alltagslebens und regt nachhaltig zum Nachdenken über das eigene Leben an.
FAZIT
Ein feinfühliger und tiefgründiger Roman über das Loslassen, die Suche nach Selbstbestimmung und die Chancen des Neuanfangs – leise, humorvoll und voller lebensnaher Beobachtungen. Ein authentisches, facettenreiches Porträt einer Frau, die sich zwischen Vergangenheit und Zukunft, Bindung und Freiheit neu ausrichtet.
BEWERTUNG

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